Dieses Symposium, das vom 16. bis 20. November 2016 in Mexico stattfand, war das erste, an dem ich persönlich teilnehmen konnte. Eine große Freude, es einmal erleben zu dürfen!
Das Symposium wurde von etwa 300 Teilnehmern besucht, die meisten davon stammten aus den USA (130), aus Japan (45), aus Mexico (17), aus Australien (15), aus Schweden (12), aus Chile (9), Großbritannien (8), Indien (6) sowie weitere einzelne Teilnehmer aus Europa, Asien und Süd/Mittel-Amerika.
Das Programm, das vom Veranstalter, dem World Shibori Network unter der Leitung von Yoshiko Wada, zusammen mit dem Gastgeber aus dem Textilmuseum von Oaxaca erarbeitet worden war, war sehr reichhaltig. Es fiel schwer, eine Auswahl aus den Vorträgen zu treffen, was man auf keinen Fall verpassen wollte, und beinahe noch schwerer, diese Auswahl dann auch einzuhalten, bei den etwas locker gehaltenen Zeitabläufen in den drei Vortragssälen des schönen Textilmuseums.
Perfekt organisiert waren dagegen die vielen Eröffnungen der diversen Ausstellungen und die Feiern am Anfang und am Ende des Symposiums.
Die mexikanischen Gastgeber hatten sich sehr bemüht, alles, was es noch an lebendiger Textilkunst in Mexico gibt, aufzubieten. Die Vorführung von noch bestehenden Trachten zur Eröffnung, getragen von den Frauen, die diese Trachten herstellen, machte einen großen Eindruck auf die Teilnehmer.
Im Textilmuseum hatte Kurator Alejandro de Avila die Ausstellung „World of Shibori und Ikat“ eingerichtet neben der weiteren wunderbaren Ausstellung „To Spinn the Wind – The Plumed Weavings of Mexico“ mit-kuriert von Hector Meneses. Rund um das Textilmuseum war ein sehr hochwertiger Kunsthandwerkermarkt aufgebaut mit Webern aus der Umgebung sowie aus weiteren Teiln Mexicos, die u. a. Seide herstellen, mit natürlichen Farbstoffen färben und weben. Auch Baumwolle wurde auf diese Weise verarbeitet, teils zu den bekannten mexikanischen Rebozo-Tüchern, die mit ihren abgebundenen Ikat-Ketten hier im Blickpunkt des Interesses standen. Wolle wurde vor allem in den fein gewebten und pflanzengefärbten Teppichen verarbeitet, wie sie z. B. von den Zapotec-Webern aus Teotitlán del Valle noch in großen Mengen hergestellt werden. Ich hatte das im Vorfeld während einer Reise zu den Handwerkern mit „Traditions Mexico“ erleben dürfen.
Zu den Vorträgen, die ich mir ausgesucht hatte, gehörte eine Abhandlung über Reservefärbetechniken rund um das Mittelmeer von Françoise Cousin, ehemalige Textilkuratorin des Das Musée du quai Branly in Paris, und eine ebenso übersichtliche Abhandlung von Alejandro de Avila über Reserveverfahren. Marta Turok sprach über 30 Jahre Schutz der Purpurschnecken und wie man diese Färbetechnik retten will (die Besichtigung der Arbeit der Purpurschneckenfärber vor Ort war der Höhepunkt meiner Reise mit „Traditions Mexico“ gewesen). Es gab mehrere Vorträge über den Rebozo, Yosi Anaya beleuchtete dessen Vorkommen in der zeitgenössischen Kunst in Mexico und seine identitätsstiftende Funktion!
Ana Paula Fuentes erzählte mit Begeisterung über die Unterstützung von lebendigen Textiltraditionen und Kunsthandwerkergruppen.
Der in Shibori-Kreisen sehr bekannte französische Färber Michel Garcia sprach über antike Traditionen, natürliche Farbstoffe aus Pflanzen; seine Workshops waren sehr gefragt, glücklicherweise konnte man dabei auch Zuschauer sein!
Von den Japanern hörte ich Hiroko Watanabe über ihre Wanderausstellung mit japanischer Textilkunst, eine echte Erfolgsgeschichte. Der sehr aktive und begeisterungsfähige Shibori Kunsthandwerker Hiroshi Murase sprach über einen Versuch, einen Gegenstand aus dem Textilmuseum von Oaxaca (Tejido Amarrado Skirt) mit Hilfe alter Techniken aus dem japanischen Arimatsu wieder herzustellen.
Von den vielen Demonstrationen bleiben in meiner Erinnerung vor allem die „Four Selvedge Scaffold Weaving of Pre-Columbia“ von Jim Bassler und Catherine Ellis, die ihr Thema mit viel Kenntnis und Witz angingen. Der Weber und Färber Jacobo Mendoza aus Teotitlán del Valle zeigte mit Hilfe einer ganzen Familie auf sehr einfache Weise den ganzen Herstellungsprozess der fein gewebten Teppiche, das Spinnen und Färben mit natürlichen Materialien.
Erstaunliche Falttechniken zeigten Yosiko Wada, Bennett Dubiner, Tomas Robefelt und Margot Wecksler in der Demonstration „2D to 3D: Paper Folding for Dimensional Design“.
Ausser Vorträgen, Vorführungen, Workshops und diversen Ausstellungen gab es auch wieder eine grosse Shibori Ausstellung für Künstler: „ Contemporay Art of Shibori and Ikat“ zusammen mit „Wearable Art of Shibori“, ausgestellt im Centro de las Artes de San Agustin, CASA, gestaltet von Yoshiko Wada und Trine Ellitsgaard (eine in Oaxaca wohnhafte Dänische Weberin). Bereits im Vorfeld wurde klar, dass der Ausstellungsraum nicht ausreichen würde, die Hängung war jedoch unter diesen widrigen Umstände fast optimal geraten. Der Raum bestand aus einer ehemaligen Fabrikhalle, und hatte Ähnlichkeiten mit den Austellungsräumlichkeiten im Textilmuseum von Lodz in Polen. Wie in Lodz war auch hier das Niveau der Einsendungen sehr unterschiedlich, wobei eine Reihe neue Arbeiten mich auffielen: u. a. Mascha Mioni „Tears of Heaven“,2016; Mary Zicafoose: „Mountain for the Buddha“, 2015 Barbara Zaretsky „Shawl: Study in Cutch“, 2016; Sandra Clark „Reality & Dreams“, 2015; Ana Lisa Hedstrom: „Folded and Flat“, 2016; Sheri McNerthney: „Olinda Dusk“, 2015; Susan taber Avila: „Information Cloud“; Åsa Pärson: „Fabricated Conditions and Big Water“, 2015/2016; Catherine Ellis: „The Darned Roses“, 2016 ; Barbara Rogers: „Diagonal“, 2015; Wendy Weis: „Resist“, 2016 und Yosi Anaya: „ Snake Skins“, 2016.
Die Arbeiten von Jim Bassler sah ich zum ersten Mal in echt. Er ist ein sehr guter Weber, dabei ein großartiger Künstler. Hier in Oaxaca spielte er auf seine bescheidene Weise eine Glanzrolle!
Die Arbeiten von den weiteren bekannten japanischen Künstlern Hiroyuki Shindo und Junichi Arai waren sehr ähnlich wie bei den vorherigen Shibori Symposium Ausstellungen. Wollen wir zu oft immer Neues sehen? Die Künstler wurden aber nach neuen Arbeiten gefragt!
Die ganze Ausstellung, bereichert um zwei weitere kleinere Ausstellungen mit Kimonos (Indigo Earth: Shibori Kimono, Past and Present ) sowie Bekleidung von Carla Fernández in den Nebenräumen des CASA, machte einen sehr guten Eindruck!
Die ganze Veranstaltung glich einem wahren Fest, das allen, die dabei sein konnten, sehr gefallen hat!
Gab es auch Kritikpunkte? Als Organisatorin von 17 ähnlichen internationalen Veranstaltungen (die European Textile Network Konferenzen) fielen mir sofort alternative Programmabläufe ein: Die wichtigsten Vorträge alle an einem Tag und im größten Saal, möglichst mit Simultanübersetzung für diesen einen Tag (in Mexico sprechen nicht alle English). Die diversen kleineren Vorträge dann verteilt über die anderen Tagen und in verschiedenen Räumen. Die Veranstaltung machte so ein wenig den Eindruck, eine rein amerikanisch–japanische Angelegenheit zu sein, wenn auch mit mexikanischen Gastgebern.
Aber ich weiß, dass es leichter ist, solche Kritik anzubringen als es selbst durchzuführen! Deshalb alle Achtung für die geleistete Organisation, die eine enorm gelungene Arbeitsleistung darstellte!