Die Ausstellung ‘Wlodzimierz Cygan – Ad Initium (Zum Anfang)’ findet vom 14. Dezember 2017 bis 25. März 2018 im Zentralen Textilmuseum in Lodz in Polen statt. Das Museum setzt damit eine Reihe von Ausstellungen der wichtigsten polnischen Textilkünstler fort, die sowohl zuhause als auch im Ausland Anerkennung genießen.
Die Ausstellung der Arbeiten von Cygan – zur gleichen Zeit und in denselben Räumlichkeiten des Textilmuseums wie die Ausstellung der Arbeiten von Magdalena Abakanowicz – zeichnet Cygan als einen ganz besonderen Künstler aus. Er gehört zur zweiten Generation, deren Lehrer die textile Revolution damals entfacht haben. In seinem Fall waren es Janina Tworek-Piergalska und Antoni Starczewski, die beide in der gleichzeitig stattfindenden Ausstellung ‘Rebellion of the Matter’ zu sehen sind. Es war für mich verblüffend, wie sehr deren Einfluß noch heute im Werk von Cygan zu sehen ist: Die verspielten, schwungvollen schwarz-weißen Linien von Tworek-Piergalskas Tapisserie sowie die intellektuelle Konzentration auf das Wesentliche bei Starczewski.
Die zweite Generation wollte zwar noch immer experimentieren, aber sie ging zurück zu den Wurzeln der Weberei. Andrzej Rajch gestaltete z. B. eine optisch räumliche Tapisserie, genannt ‘Drei Grazien’, in der flachen Gobelintechnik, ebenfalls in der oben genannten Ausstellung zu sehen.
Cygan wollte noch weiter aufs Wesentliche zurück, auf Kette und Schuß und deren Überkreuzungen, die er sichtbar machen wollte. In ‘Scale of Grey’ und ´Where am I Now´ gestaltete er 13 Skalen der Farbe Grau, bestehend aus schwarzen und weißen Punkten, ähnlich der heutigen digitalen Jacquardweberei, damals jedoch ohne Computerhilfe. Sein Karton zeigte eine Art von Isobaren, wo sich Grautöne verdunkeln oder erhellen. Diese monumentale Arbeit war speziell für die 6.Triennale von Lodz 1988 gestaltet worden, wurde dort gezeigt und später vom Textilmuseum in Lodz angekauft. Ein Jahr später, 1989, reichte Cygan diese Arbeit bei der Biennale von Lausanne ein, wo sie nicht angenommen wurde. Daraufhin schickte er die Arbeit zur International Textile Exhibition von Kyoto ein (1989), wo er den Preis des internationalen Wollsekretariats erhielt.
Eine weitere Arbeit in Grautönen –’One, two and higher’– entstand während eines ‘Pleinairs’ (Künstlerbegegnung) unter dem Namen ‘Inspiration’ an der Ostsee. Das große Format (300 x 145 cm) konnte auf einem relativ kleinen Rahmen gemacht werden, da die Kettfäden einzeln geschnitten und deshalb verlängert werden konnten: Man tackerte das bereits Gewebte auf die untere Seite des Rahmens und knotete die Kettfäden neu!
Eine weitere Arbeit aus dieser Serie, genannt ‘Eastwards’, entstand 1989 und bezog sich auf Japan. Bei der strengen und zurückhaltenden Art der Kunst von Cygan ist es logisch, dass er sich von diesem Land angezogen fühlte. Er war besuchte Japan in 1989.
Bei der nächsten Gruppe von Arbeiten geraten die Kettfäden ins Blickfeld: In diesen Arbeiten spielen sie eine ganz eigene Rolle, sie tanzen aus der Reihe und nehmen neue Richtungen ein. Dies ist nur auf einem Rahmen möglich, an dem man die Kettfäden neu positionieren und neu verknoten kann. Bei diesen Wandteppichen ist die Hauptarbeit auf die Kettfäden verlagert, das Gewebe selbst ist einfach. Diese Arbeiten bilden runde Formen bis hin zum ganzen Kreis z. B. in der Arbeit ‘1999’, die kurz vor dem Millennium entstand. Die eindruckvollste Arbeit dieser Serie in dieser Ausstellung war für mich die Arbeit ‘Two in one’, bestehend aus zwei Teilen verbunden durch Kettfäden, die einen runden Bogen bilden. Beide Arbeiten wurden auf der zweiten Triennale der Textilkunst von Hangzhou 2016 gezeigt.
Cygan selbst bezeichnet seine Arbeit ‘Orbitrek’ aus dem Jahr 2007, die leider nicht in dieser sondern in der bereits genannten Ausstellung ‘Rebellion of the Matter’ zu sehen war, als sehr wichtig, auch weil sie ihm den prestigeträchtigen Grand Prix der 12. Triennalen von Lodz in 2007 einbrachte.
Einen großen Schritt in der Entwicklung Cygans gab es, als er 2004 während der 11.Triennale von Lodz die dänische Künstlerin Astrid Krogh kennenlernte, die mit optischen Fasern arbeitete. Sie hielt einen Vortrag für Cygans Studenten der Universität für Technologie in Lodz und ließ Material zurück, das man damals in Polen noch nicht bekommen konnte. Cygans Arbeiten mit dem Titel ‘Dear Astrid’ sind ein Dankeschön an diese Künstlerin. Es entstanden Serien mit Leuchtfäden, u. a. ‘Framework’ (2010) und ‘Fireworks’ (2011) sowie die ‘Whys’- und ‘Tapping’-Serie.
Auch in dieser Ausstellung zu sehen sind einige Rahmen mit Arbeiten aus der Serie ‘Black Boxes’, an der der Künstler gerade arbeitet. Die Kuratorin Marta Kowalewska fand das zu Recht aufschlußreich für das Publikum. Leider ist dadurch aber nicht die ganze Serie der ‘Black Boxes’ zu sehen, die wieder eine neue Richtung anzeigt, zurück von den freien hin zu geometrischen Formen. Wlodzimierz Cygan ist noch für manche Überraschungen gut!
Ausser als Künstler arbeitet Wlodzimierz Cygan auch als Professor an der Strzeminski Kunstakademie, sowie an der Universität für Technologie von Lodz. Sein Name ist auch im Ausland bekannt, z. B. in den USA, wo er gerade als einziger Juror für World Tapestry Now fungiert, organisiert von der American Tapestry Alliance. www.cyganart.com
Nähere Informationen zur Ausstellung: http://www.muzeumwlokiennictwa.pl/wydarzenie/wybrane/ad-initium,56