Ich habe diese Ausstellung am 24 Juni 2020 in der Kunsthalle Schirn gesehen (zur Zeit ist sie im Luisiana Kunstmusem, Humlebæk, Dänemark von 25 Juli bis 8 November zu sehen), Dies war die zweite Ausstellung, die ich nach der Corona-Zeit besuchen konnte. Und es war eine echte positive Überraschung für mich zu sehen, dass der Surrealismus von so vielen Frauen aufgegriffen wurde! Man kann fast sagen, dass es sich um eine weibliche Bewegung handelte (wo die Männer wie üblich die meiste Aufmerksamkeit erhielten). Die Ausstellung zeigte 260 Werke von 35 Künstlerinnen, von denen ich eine Auswahl derjenigen zeigen werde, die Textilien und andere Materialien in ihrer Kunst verwenden.
Die Surrealistinnen wollten die Gesellschaft verändern, den bürgerlichen Beschränkungen und den klassischen Geschlechterrollen entkommen. In keiner anderen modernistischen Bewegung haben Künstlerinnen eine so bedeutende Rolle gespielt wie im Surrealismus. In den frühen 1930er Jahren kamen viele von ihnen nach Paris und schlossen sich der Gruppe an, die sich um den Gründer der Bewegung, André Breton, gebildet hatte. Sie wollten die Gesellschaft verändern und den bürgerlichen Beschränkungen und der klassischen Zuweisung von Geschlechterrollen entkommen. Träume, Metamorphose, das Unterbewusstsein und der weibliche Körper treten häufig in Werken der Surrealistinnen auf, während gleichzeitig die Werke häufig von einem spielerischen, selbstbewussten Umgang mit solchen Themen charakterisiert werden.
Meret Oppenheim, geboren 1913 in Berlin, bricht die Schule ab und geht 1932 nach Paris. Bis 1937 gehört sie zum surrealistischen Kreis um André Breton. 1936 kreiert sie das Werk Breakfast in Fur, eine mit Pelz bedeckte Teetasse, die sofort zum Inbegriff des surrealistischen Objekts wird. Es wird im selben Jahr für das Museum of Modern Art in New York erworben. Ab 1937 lebt sie in Basel. Sie freundet sich eng mit Leonor Fini an. Mit ihr, Max Ernst und anderen nimmt sie 1939 an einer Ausstellung fantastischer Möbel in Paris teil. Oppenheim wird später berichten, dass sie in eine kreative Krise gerät, die 18 Jahre dauert. Trotzdem schafft sie wichtige Werke in den 1840er und 1950er Jahren. 1959 organisiert sie das Frühlingsbankett, das später in diesem Jahr auf der Exposition internationalen du surréalisme (EROS) in Paris neu inszeniert wird, wenn auch in veränderter Form, was Oppenheim dazu veranlasst, sich von allen weiteren surrealistischen Manifestationen zu distanzieren
Ein Zentrum der surrealistischen Szene entwickelte sich in Mexiko um die mittlerweile berühmte Malerin Frida Kahlo. Obwohl sie sich nicht als Surrealistin betrachtete, nahm Kahlo eine Einladung von André Breton an und stellte 1939 in Paris aus. Dort schloss sie viele Freundschaften mit Künstlerinnen der Gruppe. Nicht nur Kahlos Kunst, sondern auch die Kultur ihres Heimatlandes faszinierte sowohl männliche als auch weibliche Surrealisten auf mehreren Ebenen: der Fülle der Natur, der reichen präkolumbianischen Vergangenheit und die traditionellen mexikanischen Festivals und Volkskunst.
Louise Bourgeois, die eigentlich nie mit der Gruppe ausstellte, sich aber in den 1930er Jahren während sie in Paris wohnte, eingehend mit dem Surrealismus und seinen Theorien befasste. Ihre Arbeiten beinhalten surrealistische Ideen und Themen: eine Untersuchung des weiblichen Körpers, Fragen der Identität und nicht zuletzt traumhafte und abstrakte Elemente. Metamorphose spielt auch eine wichtige Rolle in der künstlerischen Kreativität von Bourgeois. Ihr Werk, das heute oft als sehr zeitgemäß angesehen wird, bringt den surrealistischen Ansatz fest in die Gegenwart.
Diese Ausstellung, die von 13 Februar bis 24 Mai 2020 in der Schirn Kunsthalle geplant war, wurde zwar bis Ende Juni verlängert, ist aber noch bis 8 November im Luisiana Kunstmuseum Humlebæk, Dänemark, zu sehen. Erhältlich ist der Katalog: FANTASTISCHE FRAUEN. SURREALE WELTEN VON MERET OPPENHEIM BIS FRIDA KAHLO, herausgegeben von Ingrid Pfeiffer. Mit einem Vorwort von Philipp Demandt aus der SCHIRN und Poul Erik Tøjner vom Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk. Mit Beiträgen von Patricia Allmer, Teresa Arcq, Heike Eipeldauer, Annabelle Görgen-Lammers, Karoline Hille, Alyce Mahon, Christiane Meyer-Thoss, Laura Neve, Silvano Levy, Ingrid Pfeiffer, Gabriel Weisz, sowie Biografien der einzelnen Künstlerinnen und detaillierten Ansichten der Werke. Deutsche Ausgabe, ca. 420 Seiten, 350 Abb., 24 x 29 cm, Hardcover, Hirmer Verlag, ca. 39,- € (SCHIRN), 49,90 € (Buchhandel).