Sheila Hicks 1
Vom 12. Oktober 2024 bis 23. Februar 2025 präsentieren das Josef Albers Museum Quadrat Bottrop und die Kunsthalle Düsseldorf erstmals in Deutschland die erste große Einzelausstellung der US-amerikanischen Künstlerin Sheila Hicks (*1934).
Sheila Hicks‘ einzigartiges Werk entfaltet sich im Zusammenspiel von Material, Farbe und Raum: In groß- und kleinformatigen Wandarbeiten, Wandteppichen, Reliefs, Skulpturen und Installationen entfalten sich die scheinbar unendlichen Möglichkeiten dieser drei Dimensionen. „Was kann man mit Faden machen?“ ist die Frage, mit der sich der Künstler seit seinem Studium bei Josef Albers an der Yale School of Art in den 1950er Jahren unermüdlich beschäftigt. Dabei hat sie ein breites Spektrum an Techniken erforscht, die unsere Wahrnehmung und unsere Vorstellungen von Kunst und Textil, Farbe und Struktur, Arbeit und Raum ständig herausfordern und überraschen.
Die Ausstellung findet gemeinsam im Josef-Albers-Museum Bottrop und in der Kunsthalle Düsseldorf statt und präsentiert das gesamte Oeuvre des Künstlers. Das Josef Albers Museum präsentiert eine Retrospektive auf den 700 Quadratmetern des preisgekrönten Gigon/Guyer-Erweiterungsbaus. Es versammelt Werke aus der Zeit von 1955 bis 2024, darunter frühe Gemälde aus ihrer Zeit als Schülerin von Josef Albers, die noch nie gezeigt wurden.
Zu sehen sind außerdem frühe Textilarbeiten, Projekte aus ihrer Zeit in Chile, Mexiko und Marokko, Entwürfe für große Architekturaufträge sowie ihre neueren farbintensiven Wandobjekte, Skulpturen und Installationen, ergänzt durch Skizzen und Materialien aus dem Archiv der Künstlerin. Anschließend präsentiert die Kunsthalle Düsseldorf einen umfassenderen Blick auf das aktuelle künstlerische Schaffen von Sheila Hicks: Großformatige, teils ortsspezifische Installationen und Skulpturen entfalten ihre intensive Kraft im Kontrast zur brutalistischen Architektur der Ausstellungsräume und zeigen auch neueste Experimente der Künstlerin mit Materialien und Formen.
Mit über 250 Werken aus allen Schaffensperioden bietet die Gemeinschaftsausstellung erstmals in Deutschland einen umfassenden Überblick über das vielfältige Gesamtwerk des 90-jährigen Künstlers. (Text aus dem Ausstellungsflyer)
Diese Doppelausstellung bietet die Möglichkeit, das Gesamtwerk dieser bedeutenden Textilkünstlerins in Deutschland zu sehen. Der Katalog wird die erste Präsentation in deutscher Sprache über Sheila Hicks sein. Leider war der Katalog zum Zeitpunkt meines Besuchs noch nicht fertig, wird aber nach Veröffentlichung besprochen werden.
Was mich an dieser Ausstellung am meisten überraschte, war die Tatsache das diese 90-jährige Künstlerin immer noch sehr aktiv ist; nicht nur mit ihr größeres skulpturales Werk, für das sie am bekanntesten ist, sondern auch mi ihre „Minimes“ oder Miniaturen, von denen sie sagte: „Ich habe meine Stimme und meinen Halt in meine kleine Arbeiten gefunden. Es ermöglichte mir, Brücken zwischen Kunst, Design, Architektur und dekorativer Kunst zu schlagen“ (Sheila Hicks 2004).
Sheila Hicks war einer der berühmten Namen der Lausanne Biennale, an der sie ab 1967 teilnahm. In einem Interview aus dem Jahr 2011 erzählt sie Leslie Camhi, dass Lausanne für sie wichtig war, weil es ihr Arbeit brachte: Monumentale öffentliche Aufträge ermöglichten ihr es seit Mitte der 60er Jahre ihr ein Atelier mit Assistenten in Paris zu unterhalten. Zu diesen Aufträgen gehören unter anderem ihre Flachrelief-Medaillon-Wandteppiche für die Ford Foundation in Manhattan (66/67); ihre handgestickten Wandbehänge für Air France aus weißer Seide (1996–77); ein Auftrag für die King Saud University in Riad, Saudi-Arabien (1982/85) und ein Auftrag für Fuji City in Japan (1992/95) sowie ein großer Leinen- und Kork-Knoten für die Firma Target in Minneapolis (2002/3). Zu Beginn ihrer Karriere in Paris hatte sie für Knoll International, ein Designunternehmen, gearbeitet. In ihren eigenen Worten sagt sie von ihrer Situation: „durch das Leben in Paris; konnte Ich in all diesen Kategorien (Wandteppiche, Design, Kunsthandwerk) hinein- und herausschweben und wurde nie in eine Schublade gesteckt. Ich war keine Franzosin, also musste ich mich nicht anpassen.“
Als Künstlerin wurde Sheila Hicks seit ihrem Beitrag zur Biennale von Venedig im Jahr 2017 mit ihrer Arbeit „Escalade Beyond Chromatic Lands“, einer riesigen bunten Wand im Arsenale, weltweit bekannt. Ich halte dieses Werk nicht für ihr Bestes, aber es hinterließ beim Publikum großen Eindruck und wurde in späteren Ausstellungen in kleinerem Maßstab wieder verwendet. Sheila Hicks ist seit Venedig die wahrscheinlich prominenteste lebende Textilkünstlerin und wurde in Einzelausstellungen auf der ganzen Welt geehrt, unter anderem in „Lignes de Vie“ im Centre Pompidou (1918), im Nasher Sculpture Center, Dallas, TX, USA (2019). ), im Museo Chileno de Arte Precolombino, Santiago, Chile (2019), im MAK in Wien (2020), im Hepworth Wakefield, Wakefield, England (2020), im Kunstmuseum Sankt Gallen, Schweiz (2023), im Centre Pompidou in Malaga, Spanien (2023) und der aktuellen Doppelausstellung in Düsseldorf und Bottrup (2024).
Beim Betrachten der Ausstellungen fällt auf, wie vielfältig das Werk von Sheila Hicks ist, von ihren „Minimes“ über große Skulpturen mit Textilbündeln im Raum bis hin zu skulpturalen Wandbehängen, ihren sogenannten „lianes“, umwickelten Bündeln aus Textilfäden. Sie hat auch zu der Entwicklung einer japanischen Metallfaser beigetragen, die wie flüssiger Stahl aussieht, und sie war einmal Herausgeberin einer Ausgabe des American Fabrics and Fashion Magazine (Herbst 1983), die ich immer noch aufbewahrt habe, weil diese Ausgabe so zukunftsweisend war. Auch mit ihren 90 Jahren ist sie immer noch ein Vorbild für Textilkünstler, nicht nur für das, was sie in der Kunst erreicht hat, sondern auch dafür, dass sie es geschafft hat, von ihrer Kunst zu leben und problemlos vom Handwerk über das Design zur Kunst wechseln kann. Der gute alte Bauhaus-Grundsatz, dass Kunst und Handwerk eine Einheit bilden sollen, scheint in ihren vielfältigen Werken verkörpert zu sein. Ihr Lehrer Josef Albers wäre stolz auf sie. Der Teil der Ausstellung, der die Werke im Josef-Albers-Museum zeigt, wird in Teil 2 dieser Rezension behandelt.
Beatrijs Sterk