Der Wunsch, die Handdruckerei Fromholzer in Ruhmannsfelden zu besuchen, war aufgekommen, als Maria Wronska-Friend, Autorin unserer letzten Ausgabe zum Thema Blaudruck, uns fragte, welche Blaudruckerei sie für ihr Buch über Blaudruck noch besuchen sollte. Dazu war mir Herr Fromholzer eingefallen, weil er als einer der wenigen deutschen Blaudrucker, beschrieben in TF 4/2014, unser Heft mit Lob bedacht und sogar Hefte nachbestellt hatte. In einer Fernsehsendung des Bayerischen Fernsehens hörte ich ihn sagen, dass man wohl eine weitere Lebenszeit brauchen würde, um alles über den Blaudruck zu erforschen. Dabei hat er seine Lebenszeit dafür bislang gut genutzt: Seit seinem 11. Lebensjahr hat er in der Textildruckerei gearbeitet, zuerst als Lehrling seines Vaters, später selbst als Leiter des Familienunternehmens.
Wo sein Vater noch mit 5 Indigo-Küpen gearbeitet hatte, stellte der Sohn, Josef Fromholzer, den Betrieb aufs Färben im klein-industriellen Maßstab um. Schließlich machte er seinen Abschluss an der Ingenieurschule in Reutlingen, gefolgt von verschiedenen Praktika bei den Firmen Hoechst und Bayer in Nordrhein-Westfalen, sowie bei Ciba Geigy in Basel.
Eine der vier grossen Hallen der Werkstatt beherbergt seitdem eine imponierende Wasch-Färbe-Maschine, die den ganzen Raum einnimmt. Herr Fromholzer konnte durch seinen Einzug in den Krieg als Jugendlicher (mit 16!) mit späterer Gefangenschaft in England erst in seinen zwanziger Jahren sein Studium zum Ingenieur der Färberei anfangen, war dadurch jedoch der lernbegierigste und erfolgreichste Student seiner Klasse. Seine Aufzeichnungen von damals befinden sich in seinem Archiv und werden noch heute von ihm benutzt. Wie ein Wissenschaftler teilt er sein Wissen mit jedem, der sich ernsthaft für den Handdruck interessiert. Ein wenig stolz erzählt er uns von einem Fortbildungslehrgang, den er vor kurzem besucht hat (da war er bereits über 80), wo es hiess, dass heute nur noch neue technische Textilien und Nischen-Produkte eine Chance auf dem Markt hätten. Die Textildruckerei Fromholzer füllt eine solche Nische aus. Die Kundschaft ist sehr divers und rangiert von den örtlichen Hoteliers und Gasthöfen über traditionsbewusste Einheimische und Feriengäste bis zu den Top-Designern Münchens. Während unseres Besuches wurde gerade für einen solchen Designer, tätig in einer grossen Münchener Modefirma, ein echter handgewebter Leinenstoff mit dem Muster “Tölzer Rose” bedruckt, um daraus Taschen herzustellen. Das Muster stammt noch von den Wallach-Brüdern, die 1900 zunächst ein Volkstrachtengeschäft und dann 1919 die “Wallach-Werkstätte AG” gründeten1.) Deren Verkaufsstätte, das “Haus der Volkskunst”, besaß eine sogenannte Vorbildsammlung, ein kleines Museum der Volkskunst. Die jüdischen Gebrüder Wallach wurden von den Nazis verfolgt, einer wurde umgebracht und zwei konnten sich nach Amerika retten. Das Geschäft bestand “arisiert” weiter, jedoch unter anderen Eigentümern.
Dass wir in dieser Handdruckerei im äussersten Winkel Bayerns nahe der tschechischen Grenze eine umfangreiche und gut gepflegte Sammlung von Sieben für die berühmten mehrfarbigen Siebdruckmuster der Wallach-Brüder vorfinden, ist eine grosse Überraschung. Josef Fromholzer kam in den Besitz dieser Muster 2004, als das “Haus der Volkskunst” in München schloss. Bereits vor dem ersten Weltkrieg wurden die Wallach-Stoffdrucke vorwiegend in der Fromholzer Druckerei produziert, wobei eine Freundschaft zwischen den beiden Familien entstanden war. Man kann diese Muster heute ganz normal bestellen, sogar auf handgewebtem Leinen, denn es gibt in dieser Gegend noch zwei Handwerker, die selbst Flachs anbauen, um es zu verspinnen und verweben!
Die Arbeit an den über 30 Meter langen Siebdrucktischen ist so gut organisiert, dass der Geselle an einem Nachmittag 30 Meter “Tölzer Rose” mehrfarbig drucken kann. Für Siebdruck ist eine grosse Halle mit zwei langen Drucktischen vorhanden. In einem weiterem Gebäude befindet sich die Halle für den Model-Handdruck. Hier befindet sich auch das Archiv mit den 3000 Modeln der Familie Fromholzer, die teilweise zu den ältesten Deutschlands gehören, zum Teil noch hergestellt von Alois Fromholzer, dem 2008 verstorbenen Bruder von Josef, selbst hergestellt. Der Blaudruckbetrieb der Fromholzers geht bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zurück (Der Ahnherr wurde im Jahre 1648 in Vilshofen erwähnt) und ist fast genau so alt wie die Werkstatt der Familie Wittram, die auf 1638 datiert. Die Fromholzers wechselten 1821 den Standort und kauften eine Blaudruckerei in Ruhmannsfelden, die sie dann zu ihrer Werkstatt machten.
Herr Fromholzer erwies sich als ein wahres Lexikon und konnte manche Sachverhalte aufklären, die Maria Wronska-Friend noch unbekannt waren: Früher, so erzählte er, hatte hier so gut wie jeder Ort eine Blaudruckerei. Als dann nach dem zweiten Weltkrieg die industrielle Textildruckerei aufkam, änderten sich die meisten Blaudruckereien und fingen an als Chemische Reinigung zu arbeiten um zu überleben. Die Textildruckerei Fromholzer blieb als einziger Betrieb seiner Art übrig. Die vielen kleinen Betriebsgeheimnisse, die andere Blaudrucker oft gerne geheim halten, wurden uns mit viel Freude ausführlich erklärt, denn es freute ihn, dass wir so interessiert an seinem Wissen waren. Es war auch deshalb so interessant, weil Herr Fromholzer seine Farben noch selbst mischt und dabei alle Grundsätze der Lichtechtheit und der Ökologie beachtet!
Beim Abschied fragte er Maria Wronska-Friend, wann denn ihr Buch fertig wäre. Als er hörte, dass das noch drei Jahre dauern würde, sagte er: “Dann bin ich 91 Jahre alt und hoffe, es noch erleben zu dürfen”.
Wer sich für handbedruckte Textilien interessiert, sollte einen Besuch bei der Textildruckerei Fromholzer mit einem kleinen Urlaub verbinden, denn Bayern zeigt sich hier von seiner besten Seite. Allerdings gibt die Bundesbahn keine Auskunft über die kleine Regionalbahn, die in Deggendorf bestiegen werden kann und in Gotteszell hält, etwa 4 km von Ruhmannsfelden.
Der Laden und die Werkstatt Fromholzer befinden sich in der Marktstrasse 1, in 94239 Ruhmannsfelden; Telefon +49 9929/ 1098; Website: www.textilhanddruck-fromholzer.wallach.de
Muster der Firma Fromholzer sind in einigen Museen zu sehen, u.a. im Bauernhausmuseum Amerang sowie im Augsburger Textilmuseum.
1) Die Geschichte der Gebrüder Wallach wird baldmöglichst nachgeliefert. Hier ist vorab eine Information zu der Ausstellung: “Dirndl, Truhen, Edelweiß:
Die Volkskunst der Brüder Wallach”
Eine Ausstellung im Jüdischen Museum München, 27.06.-30.12.2007
[smoothslider id=’7′]