Fiber: Sculpture : 1960 – Present, Jenelle Porter (Herausgeber), das Institute of Contemporary Art, Boston / USA, DelMonto Bücher – Prestel, München, London, New York, 2014; 256 Seiten, 136 Farb- und 43 Schwarzweiß-Abbildungen, Text englisch, ISBN 978-3-7913-5382-1, Preis ca. 35 Euro.
Die Ausstellung Fiber: Sculpture 1960 – Gegenwart (vom 1.10.14 bis 4.1.15 im Institute of Contemporary Art in Boston gezeigt) und sein Katalog sind für die Geschichte der Textilkunst sehr wichtig. Die Ambitionen der Kurator Jenelle Porter sind klar definiert: “Das ist die erste Ausstellung in 40 Jahren die das Ziel hat, die Entwicklung der Abstraktion und Dimensionalität der Textilkunst (fiber art) ab Mitte der zwanziger Jahre bis heute zu untersuchen”. Endlich eine Ausstellung in einem renommierten Museum, in dem Textil im Kontext der bildenden Kunst gezeigt wird. Die ausstellenden Künstler kennen sich mit Textil aus, beherrschen die textilen Techniken meisterlich und sind zudem große zeitgenössische Künstler. Hier gab es kaum Kunst mit nur zufälligen Einsatz von Textilien, wie es in den Ausstellungen der Fall war, die wir vor kurzem in Europa sehen konnten, wie z.B. Kunst & Textil in Wolfsburg. Mit gutem Recht in diesem Katalog als Pioniere erwähnt, sind Magdalena Abakanowicz, Sheila Hicks, Lenore Tawney und Claire Zeisler. Weitere besonders im Katalog erwähnten Namen sind Olga de Amaral, Eva Hesse (die in keiner der letzten europäischen Kunst-mit-Textil-Ausstellungen zu sehen war) und Rosemarie Trockel, die hier mit sehr interessanten textilbezogenen Arbeiten vertreten war. Die 34 Künstler der Ausstellung – 27 davon sind Frauen – zeigen “von kleinen Webarbeiten bis zu raumgreifenden Installationen, alle in Textil”. Der Katalog zeigt vier Artikel: “Die Materialisten” von Jenelle Porter; “Soft Power” von Glenn Adamson; “Tapisserien im Raum, eine Alternative Geschichte spezifischer Standorte” von T’ai Smith sowie “In 10 Jahren von Neuer Tapisserie zur Textilkunst” wieder Jenelle Porter. Dieser letzte Artikel scheint mir wirklich wichtig zu sein, weil der Autor von “tief verwurzelten Geschichten entgegenwirken” und “eine revolutionäre neue Kategorie der Kunst” spricht. Sie gibt Lenore Tawney die Ehre es geschafft zu haben “das Gespräch vom Handwerk auf die Skulptur zu lenken” und das bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Tawney hatte ihre erste Ausstellung “Woven Forms” im Jahr 1961. Lausanne begann im Jahr 1962 und im Jahr 1963 organisierte das American Craft Museum eine “Woven Forms” Ausstellung. Porter sieht die ganze Revolution sich in kurzer Zeit entwickeln, von 1962 bis 1972: “Bereits in 1972, stellte die Verwandlung der Tapisserie zur Textilkunst eine Erweiterung der Kategorie der Skulptur dar, hervorgebracht von einer Generation von Künstlern, die mit radikalen neuen Ideen an die Kunst herangingen”.
Ein weiterer amüsante und anregender Beitrag ist “Soft Power von Glenn Adamson, hier eine Kostprobe:
Museen weltweit sind voll von ihnen. Oft auf Augenhöhe positioniert, starren sie dir ins Gesicht. Doch in den gesammelten Annalen der Kunstgeschichte, erhalten sie kaum eine Erwähnung. Sie sind die Ungenannten des westlichen Kanons, versteckt trotz seiner Präsenz.
Ich spreche von schlaffen Penissen.
Man könnte eine Kulturgeschichte zu diesem Thema schreiben. Dieser Artikel wird diese Geschichte nicht ganz sein, aber ich werde einen Anfang machen. Irgendwann werde ich umschalten zur Textilkunst in der nach-1960-Periode – ein weiteres besonders wenig beachtetes Thema – und werde darauf hindeuten, dass eine gewisse Schlaffheit stark mit diesem Material verbunden ist.dies könnte der Grund dafür sein weshalb es nicht , wie erhofft , eine grössere Öffentlichkeit erreichte.
Die Ausstellung wird noch vom 30.1 bis 4.5.2015 im Wexner Center for the Arts in Columbus, Ohio / USA, und vom 8.5 bis 2.8.2015 an der Des Moines Art Center in Iowa, USA gezeigt werden. Ich kann nur jedem, der nicht in der Lage ist diese Ausstellung zu sehen, raten sich den Katalog zu besorgen, die über Amazon erhältlich ist.
Beatrijs Sterk