Diese 7. Textilbiennale findet statt vom 29.8.2021 bis 16.1.2022 in Rijswijk bei Den Haag. In diesem Jahr ist alles neu, ein neuer Direktor, Arnaud van Aalst, und eine neue Kuratorin, Diana Wind. Auch die Einrichtung des Museums hat sich geändert, so ist zum Beispiel das wunderschöne Cafe nahe dem Garten jetzt einem gewöhnlichen Büro- und Besprechungsraum gewichen. Die personellen Veränderungen haben für das an Textilkunst interessierte Publikum einen eher negativen Effekt, denn die neue Leitung wollte alles anders machen als bei den von der Kuratorin Anne Kloosterboer geprägten vorherigen sechs Textilbiennalen. Im Katalog auf Seite 7 schreibt Diana Wind: “bei vorangegangenen Biennalen lag die Betonung auf Handwerk und Techniken, die von den Künstlern angewandt wurden, um herausragende Kunstwerke in Textil zu machen. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs und dies hat uns motiviert, relevante Kunst der heutigen Welt auszuwählen und Künstler einzuladen, deren Engagement die Ernährung berührt.”
Ich schrieb in meinem Blog vom 23.7.2017 über die damalige Biennale:
“Es wird nach neuen Künstlern, neuen textilen Ansätzen und außergewöhnlichen Konzepten gesucht. Die Juroren dieser Biennale betrachten Textilien aus dem Blickwinkel der Kunst, freuen sich aber sehr, wenn die Einreichungen handwerklich gut gemachte Arbeiten enthalten. Diese Biennale trägt dazu bei, die Kluft, die leider immer noch zwischen Handwerk und bildender Kunst besteht, zu überbrücken.”
Die Biennale 2021 hatte eine offene Ausschreibung, aber keine Jury, die im Katalog benannt wird! Der Direktor schreibt im Katalog, dass die 20 teilnehmenden Künstler “via unserer offenen Ausschreibung und durch unser Netzwerk” gefunden wurden. Von diesen 20 Künstlern sind 14 Niederländer oder haben ihren Wohnsitz in den Niederlanden. Das ist keine ernst zu nehmende internationale Biennale mehr! Zumal einige Ausländer bekannte Namen haben, wodurch wahrscheinlich die Finanzierung gesichert werden konnte. Oder glaubt jemand im Ernst, dass Yinka Shonibare sich beworben hat? Welche Künstler genau eingeladen wurden, ist auch nicht im Katalog vermerkt.
Beim Betrachten der Arbeiten gab es nur wenig Neues zu entdecken. Der bereits genannte Yinka Shonibare hat zwar eine sehr schöne Arbeit eingereicht, kann aber kaum als “neu” gelten. Für mich neu und interessant waren die Arbeiten von Regula Maria Müller aus der Schweiz (in den Niederlanden lebend) sowie von Marcel Pinas aus Surinam, scheinbar auch mit Wohnsitz in den Niederlanden. An zweiter Stelle gefielen mir die Arbeiten von Maria Ikonomopoulou aus Griechenland, wohnhaft in den Niederlanden, von Thomas Grünfeld aus Deutschland sowie von Heather Beardsley aus den USA.
Bei den weiteren Arbeiten waren sehr oft die Wörter “partizipativ” und “soziales Engagement” zu lesen. Mir fehlte jedoch das Poetische und Leichtfüßige der Arbeiten aus Anna Kloosterboers Ausstellungen! Einige Arbeiten haben mich auch einfach ein wenig irritiert, zum Beispiel die Arbeit von Marije Vogelzang, Pionierin auf dem Gebiet Food & Design, die nicht richtig zu funktionieren schien; oder die im Textilmuseum Tilburg Jacquard-gewebte Tischdecke für ein Festmahl von Peter Hellemons, die zwar sehr schön war, aber als Tischdecke denkbar ungeeignet. Sie war aber als Tischdecke ausgestellt, und weil das Jacquardgewebe dick und steif war, hatte man hässliche dünnere Seitenkanten daran genäht, passend für nur diesen einen Tisch! Auch entging mir die künstlerische Bedeutung der Arbeit von Arne Hendriks, der sich selbst einen “undisziplinierten künstlerischen Researcher” nennt. Was ich verstand war, dass es um Algen als Quelle pflanzlicher Proteine ging, aber was hat das in einer Textilbiennale zu suchen? Diese Liste mit Irritationen kann noch fortgesetzt werden!
Ich war in der Ausstellung mit Freunden, die nicht aus dem textilen Bereich stammten sondern eher Kunstliebhaber sind. Sie stimmten zu meiner Freude für Regula Maria Müller als Publikumspreis, weil ihre Arbeiten die Phantasie in Gang brachten. Das ist erfreulich, aber leider kann ich trotzdem keinem Textilkünstler mehr raten, sich hier zu bewerben, es sei denn er wohnt in den Niederlanden.
Ade internationaleTextilbiennale Rijswijk…
Zur Ausstellung ist einen Katalog erschienen: Verlag Waanders / Museum Rijswijk 2021, 96 Seiten, 60 Farbfotos, Preis Euro 17,50